Technische Hilfeleistung

Glasmanagement

Einige Tricks zum Glasmanagement

Vom Dienstag den 01.09.98 bis Donnerstag den 03.09.98 fand an der Feuerwehr- und Rettungsassistentenschule Düsseldorf ein Spezialseminar zum Thema "Technische Hilfeleistung" unter Leitung von Chief Trainer Steve L. Taylor, Rescue Engineering Institute, USA statt.
Unter dem Motte "Train the Trainer" zeigte er eine Vielfalt von möglichen Methoden der THL an Kraftfahrzeugen. Insbesondere seine Detailkenntnisse über den Aufbau von KFZ und die daraus resultierenden Einsatzmöglichkeiten von hydraulischen, elektrischen oder pneumatischen Rettungsgeräten waren verblüffend.

In loser Folge sollen hier einige der vorgestellten besonderen Tricks oder Kniffe vorgestellt werden, die das Arbeiten im Rahmen einer Technischen Hilfeleistung an einem Verkehrsmittel einfacher, schneller und sicherer gestalten können.

Steve Tayler
"The" Trainer, Steve L. Taylor, Gründer des REI

Glasmanagement
 

Mehrfach wurde in der einschlägigen Fachpresse schon auf die diversen Aspekte zum Glasmanagement eingegangen.

Von den allgemeinen Punkten sollen hier nur die wichtigsten wiederholt werden:

Grundsätzlich sind vor allen Schneid- oder Trennarbeiten im Bereich von Fenster-/Glasscheiben an Verkehrsmitteln diese zu entfernen, um (weitere) Verletzungen durch z.B. unkontrollierbares Zerspringen des Glases für den Patienten oder die eigenen Kräfte zu verhindern.

Patienten sind grundsätzlich immer bei Arbeiten an den Scheiben (egal ob durch Zerstören, Schneiden, Sägen etc.) vor Splittern oder Glasmehl (!) durch geeignetes Abdecken zu schützen. Es muß unter allen Umständen verhindert werden, daß Glassplitter oder gar –mehl in offene Wunden oder die Körperöffnungen eindringt!

Eigene Kräfte sind grundsätzlich durch vollständige Schutzkleidung, v.a. durch Visier, besser noch Schutzbrille, vor Glassplittern oder –mehl zu schützen.

Der zuständige Einsatzleiter (z.B. Gruppenführer LF 16/12) bestimmt, was in welcher Reihenfolge mit welcher Methode gemacht wird. Er gibt eindeutige Befehle und zeichnet ggfs. bestimmte Punkte am Fahrzeug z.B. mit einem Fettstift an. Die Mannschaft befolgt diese Befehle und weicht nur nach Absprache mit ihm davon ab.

Übrig bleibende scharfe Kanten (z.B. Schnittkanten an der geklebten Frontscheibe) sind in geeigneter Weise abzudecken.

Besonders gefährlich sind durch Unfallereignisse vorgespannte Scheiben. Diese sind meist nur durch Lichtreflexionen zu erkennen. Sie können bei der geringsten weiteren Belastung ohne Vorwarnung zerbersten und dabei einen mehrere Meter breiten Splitterregen erzeugen


 

Seitenscheiben:

Vor Arbeiten an den Türen (z.B. Spreizereinsatz) oder dem Durchtrennen der A-/B- oder C-Säulen sind grundsätzlich evtl. noch intakte Seitenscheiben kontrolliert zu zerstören.

 

Seitenscheiben, in der Tür:

Diese sind von oben abzudecken und durch gezielten Schlag mit einem geeigneten Werkzeug (z.B. Brechstange, Feuerwehrbeil) oder mittels Feder-Körner (o.ä.)auf die Oberkante zu zerstören. Die Splitter fallen dann völlig ungefährlich in den Türkasten.

Wird die Scheibe nicht abgedeckt bzw. zerstört, platzt diese spätestens bei Spreizereinsatz und schießt von unten nach oben aus dem Fensterschlitz der Türe z.B. auch unter das heruntergeklappte Visier am Feuerwehrhelm – so geschehen bei o.a. Seminar, als sich einer der Seminarteilnehmer beim eigenständigen Üben nicht an die vorherigen Anweisungen des Ausbilders gehalten hatte.

 

Thl2k.jpg (19536 Byte)

Korrekt abgedeckte Seitenscheibe mittels einer Einweg-Decke aus dem Rettungsdienst.

 

Seitenscheibe, oben:

Gerade beim Schaffen eines ersten Zugangs kann oft der Patient nicht vernünftig vor Glassplittern geschützt werden.

Hier ist es möglich, breites starkes Klebeband von links nach rechts sowie von oben und unten an der Scheibe zu verkleben. Bei den Streifen von oben nach unten kann man durch stellenweises Aufeinanderkleben der Klebeflächen leicht Griffe ins Band einkleben. Anschließend wird die Scheibe mit Sprühkleber (z.B. 3 M) komplett eingesprüht.

Es werden zwei Einsatzkräfte benötigt. Einer hält die beiden Griffe, der andere zerstört die Scheibe wie üblich mit einem Federkörner oder Fensterhammer etc. Die Scheibe kann nahezu splitterfrei nach außen entnommen werden.

Thl3k.jpg (21099 Byte)
Abkleben der Seitenscheibe mit Klebeband

Thl4k.jpg (23066 Byte)
Komplett abgeklebte Scheibe, bereits eingesprüht. Deutlich sind die "Griffe" zu erkennen.

Thl5k.jpg (12366 Byte)
Komplett entnommene Seitenscheibe.

 

 

Heckscheiben:

Vor der Zerstörung der Heckscheiben werden die Seitenscheiben entfernt. Danach wird eine Plane zwischen beiden Heck-Seitenscheiben eingezogen. Deren unteres Ende liegt auf der Heckablage/im Kofferraum, ihr oberes Ende wird von zwei Einsatzkräften an der Dachkante nach oben gehalten und gespannt. Eine der beiden Einsatzkräfte zerstört dann die Heckscheibe mittels Federkörner o.ä. Die Heckscheibe fällt auf die Decke, jeder Fahrzeuginsasse ist geschützt, die Splitter werden einfach in die Decke eingerollt und können z.B. leicht in den Kofferraum gekippt werden.

Thl6k.jpg (15551 Byte)
Die Decke ist eingezogen und wird gespannt bzw. nach oben gehalten. Vor dem Zerstören der Heckscheibe müssen die Visiere nach unten geklappt werden.

Thl7k.jpg (25319 Byte)
Eingezogene Decke, hier wird gerade die soeben zerstörte Heckscheibe in den Kofferraum geschüttet.

 

Frontscheiben:

Vor allem geklebte Frontscheiben verursachen große Probleme beim Entfernen. Diese können mittels Trennschleifer (Diamantblatt), geeigneter Handsäge, Spezialwerkzeug, Elektro-Fuchsschwanz oder "Tiger Saw" (mit geeignetem Sägeblatt) oder auch einem Blechaufreißer oder der hydraulischen Schere sehr mühsam durchtrennt werden.

Hier ist es wichtig, die entstehenden Stäube bzw. v.a. das Glasmehl (z.B. beim Einsatz eines Trennschleifers) zu binden bzw. aufzufangen, da Glasmehl in offenen Wunden große Probleme im Heilungsprozeß verursacht.

Eine einfache Methode ist hier das vorherige Aufbringen einer dicken Seifen-/Wasserlösung, die sehr leicht mittels handelsüblicher Schmierseife, Wasser und einer Plastik-Sprühflasche selbst hergestellt sowie schnell und einfach aufgebracht werden kann. Die Seifenlösung bindet die Stäube und kleineren Splitter und verhindert deren freies Umherfliegen. Sie wirkt ebenso bei Trennarbeiten an Metallen.

Dabei ist unbedingt zu beachten, daß beim direkten Vorsprühen vor dem Werkzeug auf keinen Fall Seifenlösung auf elektrische Motoren/Werkzeuge gesprüht werden darf!





    © Copyright by Markus Feuerwehrseiten